„Zur Topografie einer verborgenen Wirklichkeit“: Zu Patrick Rohners „Wasserarbeiten“
Ausstellungstext
Kunstraum Kreuzlingen
2016

Zur Topografie einer verborgenen Wirklichkeit

Welche Möglichkeiten der Interaktion zwischen Künstler und Material gibt es unabhängig von der konkreten einseitigen Bearbeitung? Wie gestaltet sich ein Prozess der Kunst, indem dieser sich „selbst bestimmt“ und dennoch – oder letztendlich – ein Werk des Künstlers ist?

Patrick Rohners Malerei ist eine, die nicht vom Ende her denkt, sondern die den Prozess der Entstehung in seiner Zeitlichkeit fokussiert. In seinen grossformatigen WASSERARBEITEN initiiert er natürliche physikalische Vorgänge am Bild. Der Bildträger, das Papier, wird dabei radikalen Formen der Bearbeitung ausgesetzt. „Das Papier, an den Rändern zu einem Behälter gefaltet, wird zum Labortisch meiner Untersuchungen. Die bestimmte Aquarellfarbe wird mit Wasser vermischt und in die ‚Papierbehälter‘ gefüllt. Das Farbwasser reagiert mit dem Papier, es dehnt sich aus, bildet Verwerfungen und zieht sich beim Trocknen der Flüssigkeit wieder zusammen.“

Diese Interaktion zwischen Farbe, Wasser und Papier lässt Rohner sich viele Male wiederholen, das Material wird nahezu körperlich forciert: „Es wird bearbeitet, gepresst, zerknittert.“ Während den Trocknungsphasen der Arbeiten setzen sich Sedimente ab, Muster bilden sich, die auf dem Papier verbleiben; als Spur eines vorangegangenen Prozesses. Was zuletzt bleibt, ist somit die Visualisierung natürlicher Prozesse zwischen Wasser, Papier und Farbe, die sich durch ihre Bewegung selbst konzipieren. Die Bildwerdung ist ein Zusammenspiel aus eigenständigen Prozessen und subtilen Eingriffen des Künstlers. Dessen Rolle: Gleichermassen stiller Beobachter wie agierende Kraft. Es ist so ein tiefgreifendes Verständnis von Natur und Leben als ständiger Prozess einer Metamorphose, das Patrick Rohners Kunstarbeiten ausmacht. Was dabei entsteht, ist die Topographie einer verborgenen Wirklichkeit, die der Künstler für den Betrachter dokumentiert und offenlegt. Es ist ein leiser und reflektierter Prozess der Begleitung und Dokumentation einer ständig bewegten Wirklichkeit der Natur und ihrer Elemente.

Barbara Marie Hofmann, 2016


www.patrickrohnerartist.com

Fotos: © Kunstraum Kreuzlingen



>Hier finden Sie alle Ausstellungstexte für den Kunstraum Kreuzlingen.